Ingenieure in der Medizintechnik spielen eine entscheidende Rolle an der Schnittstelle zwischen technologischen Innovationen und dem Gesundheitswesen. Sie entwerfen, entwickeln und verbessern medizinische Geräte und Systeme, die zur Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Patienten eingesetzt werden. Ihre Arbeit umfasst nicht nur die technische Entwicklung, sondern auch die Sicherstellung der Benutzerfreundlichkeit, Effizienz und Einhaltung regulatorischer Standards. Ingenieure in der Medizintechnik tragen somit wesentlich zur Verbesserung der Patientenversorgung und der medizinischen Forschung bei.
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Fast jeder ist schon mal in Berührung mit Produkten aus der Medizintechnik gekommen: Bildgebende Verfahren (Röntgenaufnahmen, Kernspintomografie, Ultraschall), Zahnfüllmaterialien, Herzschrittmacher, künstliche Hüftgelenke und Hörgeräte sind nur einige Beispiele für die sehr unterschiedlichen und längst etablierten Errungenschaften der Medizintechnik. Aktuelle Forschungsfelder sind z. B. Prothesen, die vom Gehirn gesteuert werden können oder die Entwicklung von Geräten zur minimalinvasiven Chirurgie. Dies ist eine Operationsmethode, bei der man den Patienten*, u. a. durch möglichst kleine Schnitte in die Haut, wenig belastet. Dazu werden spezielle Geräte wie beispielsweise Endoskope benötigt, die eine Orientierung im Körper ermöglichen. Sogenannte Telemedizinprodukte könnten in Zukunft viele Krankenhausaufenthalte verkürzen oder sogar überflüssig machen.
Hier forschen aktuell unter anderem Elektrotechniker* und Informatiker* an zukunftsweisenden Projekten. Die Idee ist, dass Sensoren am Körper der Patienten* oder Messgeräte in der Wohnung der Patienten* zum Beispiel Blutdruck, Puls, Blutzucker, Sauerstoffsättigung, EKG oder auch das Gewicht der Patienten* messen und diese Daten automatisch an ein Krankenhaus, einen Arzt oder ein telemedizinisches Zentrum senden, wo man sie dann auswertet. Zur Beobachtung dieser Werte wäre kein Krankenhausaufenthalt mehr nötig und der Patient* könnte sich in einer für ihn angenehmeren Umgebung erholen oder seinem Alltag nachgehen. Durch die somit mögliche längerfristige Beobachtung der Vitalparameter kann man zudem Prävention, Behandlung und Nachversorgung von Volkskrankheiten wie Herz-, Kreislauf- oder Lungenerkrankungen und Schlaganfällen verbessern. Medizintechnikingenieure* sind also vital für den medizinischen Fortschritt.
Mediziningenieure* arbeiten in der Regel in der Medizintechnik-Industrie oder – Forschung. Ihre Aufgabe besteht darin, Medizintechnik-Produkte zur Prävention, Diagnose, Therapie und Rehabilitation zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen Medizin und Technik, wobei der Technikaspekt deutlich überwiegt. Sie schaffen darüber hinaus die technischen Möglichkeiten, die der Arzt anwenden kann. Um die Technik praxistauglich zu gestalten, benötigt der Mediziningenieur* auch umfassendes Wissen über den menschlichen Körper und die medizinischen Anwendungen. Medizintechnik ist eine Querschnittstechnologie, für die man ein großes Breitenwissen und je nach Arbeitsgebiet ganz unterschiedliches Spezialwissen benötigt.
In das Aufgabenfeld der Ingenieure* der Medizintechnik fällt auch ein Teil des Qualitätsmanagements. Gerade die Entwicklung und der Einsatz von Medizintechnikprodukten unterliegen strengen Normen und Vorschriften. Jeder Schritt und jede Funktionalität in der Entwicklung wird detailliert dokumentiert. In diesem Bereich ist eine akribische Arbeitsweise und Detailgenauigkeit gefragt.
Der Zugang zu dem Beruf als Medizintechnikingenieur* ist für Absolventen von Studiengängen wie Medizintechnik oder benachbarten Studiengängen wie etwa Medizinische Informatik, Dentaltechnologie, Lasertechnik, Technische Orthopädie offen. Doch auch Interessierten aus verwandten Fachbereichen ist der Weg nicht versperrt: Zum Beispiel kann nach einem Bachelorstudium in einem technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich ein Medizintechnik-Master verfolgt werden.
Wie vielfältig die Studiengänge sind, mit denen man sich für einen Medizintechnik-Master qualifizieren kann, zeigt zum Beispiel ein Blick in die Prüfungsordnung der RWTH Aachen für den Masterstudiengang Biomedical Engineering: „Zugangsvoraussetzung ist ein anerkannter erster Hochschulabschluss in einem der Fächer Maschinenbau, Mechatronik, Automatisierungstechnik, Chemieingenieur*, Elektrotechnik, Computer Sciences, Informationstechnik, Mathematik, Medizin, Zahnmedizin, Biologie, Biotechnologie, Chemie, Biochemie, Physik und Biophysik, durch den die fachliche Vorbildung für den Masterstudiengang nachgewiesen wird.“ Das Studium beginnt mit allgemeinen technischen Themen und spezialisiert sich erst später in Richtung Medizin. Studieninhalte sind unter anderem Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Elektronik, Biologie, Mechanik und Anatomie, Hygiene, Informatik, Biomechanik und Physiologie. Je nach Vertiefungsrichtung beschäftigt man sich anschließend mit Biomedizintechnik, Krankenhaustechnik, Gerätetechnik, angewandter Medizintechnik, Nano-Technologie, Laser- und Materialforschung, Feinwerktechnik, Flüssigkeitsmechanik oder noch ganz anderen Schwerpunkten.
Als Ingenieur *der Medizintechnik trägt man maßgeblich zum medizinischen Fortschritt bei, verbessert die Lebensqualität vieler Menschen und hilft, eine effektive Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Damit kann man dazu beitragen, vielen Menschen das Leben zu retten. Medizintechnikingenieure* können in kleinen und großen Unternehmen der Branche oder an Universitäten und Forschungszentren forschen oder aber auch als Servicetechniker* anwendungsbezogen Hilfe leisten.
Weitere Arbeitsbereiche sind Kundenservice oder insbesondere Krankenhäuser, Kliniken und Forschungsinstitute. Dort betreut man die technische Ausstattung, berät zu Neuanschaffungen, hält vorhandene Geräte instand und schult Mitarbeiter* im Umgang mit den Anwendungen. Wer neue Wege sucht, kann als Mediziningenieur* etwa auch im Vertrieb oder in der Qualitätssicherung arbeiten. Aber auch in den klassischen Forschungs- und Entwicklungsbereichen haben Mediziningenieure* hervorragende Karriere- und Verdienstaussichten. Die Branche boomt in Deutschland und gilt als Zukunftsbranche. Die Exportquote der Medizintechnik-Produkte liegt bei rund 65 %. Deutschland hat einen Welthandelsanteil von knapp 10 % und ist damit zweitgrößter Exporteur nach den USA. Das steigende Bevölkerungsalter in den Industriestaaten wird die Wichtigkeit der Medizintechnik noch verstärken. Da die Innovationsgeschwindigkeit sehr hoch ist, braucht man in Deutschland Medizintechnikingenieure, um die Führungsrolle beizubehalten. Absolventen können daher mit hervorragenden Perspektiven rechnen.
Das deutsche Unternehmen Carl Zeiss AG bietet interessante Tätigkeitsfelder für Medizintechnik im Bereich der Intraokularlinsen-Entwicklung an.