Ratgeber Biologie Berufseinstieg Biologen
Wissenschaftlerin benutzt ein Mikroskop

Berufsperspektiven für Biologen* – Tipps für den Berufseinstieg

Dr. Eva Birkmann, MBA
Dr. Eva Birkmann, MBA
Lesedauer: 7 Min.
Aktualisiert am: 02.10.2024

Ja, das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Life Sciences. Es gibt viele neue Arbeitsfelder, die teilweise sehr interdisziplinär sind, aber immer einen biowissenschaftlichen Kern haben. Ein Megatrend bereits seit 20 Jahren ist die rote Biotechnologie, was sich in der Bewältigung der Corona-Pandemie eindrücklich bestätigt hat.

Wer im Zeitalter der alternden Gesellschaft z. B. wirksame Mittel gegen neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson oder gegen Krebs findet, dem ist nicht nur der Nobelpreis sicher. Im Kommen sind auch techniknahe Bereiche wie Systembiologie, Bionik, Biophysik oder Nanobiotechnologie. Und ohne IT und Digitalisierung geht in allen Bereichen der Biowissenschaften fast nichts mehr.

Welche Wege in die Life Sciences gibt es?

Neben einem Bachelor- und Master-Studium an einer Universität oder einer Fachhochschule führt auch eine Ausbildung zum technischen Assistenten* oder zum Laboranten* in die Forschungslabore. Für eine Karriere in der Forschung ist aber ein Doktortitel immer noch erwartet. Berufseinsteiger* werden meist als fachliche Spezialisten* eingestellt, sprich der Einstieg in die Karriere erfolgt über den Bereich F&E.

In welchen Branchen arbeiten Biologen*?

Biologen* arbeiten in den verschiedensten Bereichen. Jobmaschine Nr. 1 ist die Biomedizin, wo inzwischen über die Hälfte der Grundlagenforschung von Biowissenschaftler* durchgeführt wird. Aber auch in Großforschungseinrichtungen, in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie, in den Medien, in der Beratung oder als Lehrkräfte – nicht nur in der Schule – ist biologische Expertise gefragt.

Sie müssen sich aber irgendwann grundsätzlich entscheiden, ob Sie dauerhaft in der Forschung arbeiten wollen, im Management, in der Produktion oder im Vertrieb. Dabei kommt es weniger darauf an, ob im jeweiligen Bereich besonders viele Stellen frei sind, sondern ob die Tätigkeit zu Ihnen – zu Ihrer Persönlichkeit – passt.

Worauf kommt es beim Biologie-Studium wirklich an?

Entscheidend ist die Erkenntnis, dass man trotz vorgegebener Studienpläne selbst für seine Ausbildung verantwortlich ist. Gerade das Grundstudium sollte man nutzen, um möglichst breite Grundkenntnisse und eine große Vielfalt an Fähigkeiten zu erwerben. Auf einer breiten Basis kann man sich dann sehr gut spezialisieren und vor allem später bei einem sich wandelnden Arbeitsmarkt ggf. auf Wissen zurückgreifen, das außerhalb des Spezialgebiets liegt. Lebenslanges Lernen ist für jeden Biologen eine Selbstverständlichkeit.

Was vermissen Sie bei den heutigen Berufsanfängern*?

Selbständiges Denken und Handeln wird in den relativ verschulten Studiengängen leider immer weniger vermittelt, aber dann von den Jungakademikern* gnadenlos abverlangt. Ich würde zu Folgendem raten: Lieber ein Semester zu viel auf dem Buckel, dafür aber echte Auslandserfahrung oder ein längeres Industriepraktikum vorweisen können. Firmen wollen Persönlichkeiten einstellen, keine Klone. Und lassen Sie sich nicht zu sehr von vermeintlich „sicheren“ Jobs verleiten. Wenn die nicht zu Ihrer Persönlichkeit passen, werden Sie nur unglücklich. Leider machen sich gerade Studierende der Biowissenschaften viel zu spät ernsthafte Gedanken, wo sie beruflich landen wollen, obwohl oder gerade weil es so viele Möglichkeiten gibt. Das Studium und das aktuelle wissenschaftliche Steckenpferd sind ja so interessant, dass man darüber gerne die rechtzeitige eigene Karriereplanung vergisst.

Haben Sie Tipps für die ideale Bewerbung?

Meist braucht man nur einen Job – den richtigen. Das bedeutet, dass man sich nicht krampfhaft bei allen Firmen bewerben sollte, die einem einfallen. Ohne konkrete Anknüpfungspunkte, z. B. über persönliche Kontakte auf Karriereveranstaltungen, würde ich heute keine einzige Initiativbewerbung mehr abschicken.

Zur Jobsuche

Die Bewerbungen werden teilweise von Computern auf Reizworte gescannt, da sollte man lieber einen Fachausdruck zu viel als zu wenig nennen. Allerdings nicht im Anschreiben, da wird erwartet, dass man seine Bewerbung mit einem Maximum an Klarheit auf 20 Zeilen zusammenfassen kann. Oft haben die Firmen gar keine Zeit mehr für detaillierte Analyse der Bewerbung, da hilft es, wenn man im Vorfeld einen Türöffner findet, z. B. über ein Praktikum oder wenigstens einen firmeninternen Fürsprecher.

Außerdem gibt es nur selten den idealen Job. Sehr selten passt man 100 % auf eine Ausschreibung oder die Stelle oder gar die Firma haben nur eine begrenzte Halbwertszeit. Das sollte Sie aber nicht abschrecken. Jede noch so kurze Berufserfahrung in der Wirtschaft zählt bei Bewerbungen um Größenordnungen mehr, als wenn Sie sich weiter an Strohhalme im Elfenbeinturm der Hochschulen klammern.

Wie viel kann man als Biologe* verdienen?

Ich will hier keine konkreten Zahlen nennen, aber man verdient gutes Geld. In der Chemie- und Pharmaindustrie wird nicht mehr unterschieden, welches Studium man absolviert hat. Hier ist bei den Einstiegsgehältern nur wichtig, ob man promoviert hat und ob man bereits Berufserfahrung außerhalb der Akademia vorweisen kann.

Es gibt klare tarifliche Vorgaben, die allerdings nicht für alle Firmen gelten. Es ist wie beim Fußball, Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Insbesondere ist es aber auch entscheidend, welches Personalentwicklungskonzept die Firma verfolgt. Was nützt mir ein Spitzengehalt, wenn ich nach kurzer Zeit wieder ausgestellt werde. Allerdings: Wer sich unter Wert verkauft – sprich weniger als im öffentlichen Dienst üblich – hat es schwer, ohne Arbeitsplatzwechsel sein Gehalt nachhaltig zu steigern.

Wo findet man Stellenangebote?

Natürlich auf jobvector.com, schließlich haben wir als Biologenverband diese fachspezifische Online-Plattform von Anfang an begleitet! Aber Spaß beiseite. Stellenangebote werden heute zwar hauptsächlich online gestellt, aber viele Stellen werden gar nicht auf dem freien Markt ausgeschrieben.

Gerade im klassischen Bereich werden frei werdende Stellen intern oder nur in Fachkreisen bekannt. Somit gibt es neben den Jobbörsen auch einen nicht zu unterschätzenden informellen Arbeitsmarkt, den man nur erreicht, indem man in den entsprechenden fachlichen Netzwerken unterwegs ist. Wir haben außerdem auf www.master-bio.de eine Vielzahl hilfreicher Joblinks geposted und bieten dort online auch regelmäßig Berufsfeld-Infoabende und SoftSkill-Seminare zur Berufsorientierung an.

Werden klassische Biologen* überhaupt noch gebraucht?

Aktuell werden gerade bei den Naturschutzbehörden händeringend fachkompetente Nachfolger* für altersbedingt Ausscheidende gesucht. Allerdings sollte man sich dort durch einschlägige Praktika und ehrenamtliches Engagement gut in Position bringen. Auch freiberufliche Biologenbüros haben akute Nachwuchssorgen, da nur wenige Studierende sich ernsthaft für eine Selbstständigkeit interessieren.

Zum Gehaltscheck

In Deutschland haben wir einige Fächer, die Absolventen* wenig berufliche Chancen bieten. Dies sind nicht nur Fächer wie Ökologie, klassische Botanik oder Zoologie. Auch politisch umstrittene Fächer wie die grüne Gentechnik oder die Stammzellforschung haben es nicht leicht. Oft bleibt dann nur die Entscheidung, die Karriere im Ausland fortzusetzen. Deutsche Experten* sind zum Glück weltweit sehr gefragt.

Wie sind die Zukunftsaussichten?

Insgesamt ist der Arbeitsmarkt für Biologen* im Moment sehr gut aufgestellt. Allerdings haben wir im direkten Vergleich mit anderen Naturwissenschaften, Medizin, Ingenieurwissenschaften oder Informatik immer noch keinen Bewerbermarkt, da erst seit 25 Jahren Biologen* verstärkt eingestellt werden und somit Pensionierungswellen wie bei den Ingenieuren* oder Ärzten* erst langsam anlaufen.

Viele der großen Probleme der Menschheit werden nur mithilfe der Biowissenschaften lösbar sein. Somit sind die Aussichten für Biologen exzellent. Selbst die Wirtschaftswissenschaften haben das Prinzip der Nachhaltigkeit entdeckt. Unter dem Schlagwort Bioökonomie werden wir da noch viel hören.

Entscheidend für die beruflichen Chancen wird auch die Solidarität der Biowissenschaftler sein, die sich gegen die Interessen anderer Berufsstände durchsetzen müssen. Daher das Motto des VBIO: Gemeinsam für die Biowissenschaften! Und eine herzliche Einladung an Sie, sich zu engagieren.

www.vbio.de

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann ist promovierte Naturwissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als Geschäftsführerin von jobvector ist sie als anerkannte Autorin von Ratgeber-Artikeln zum Thema MINT-Karriere und Fachbeiträgen für Recruiting und Personalwirtschaft tätig.
Weniger anzeigen